Vor dem Törn verschickte Skipper Titzl eine Ausrüstungsliste und erinnerte an die Mitnahme von warmer Unterwäsche, Handschuh und Hauberl. Fischzeug nicht vergessen! Uns als notorischen Nichtfischern machte das fast am meisten Kopfzerbrechen. Und wieder einmal denken wir uns, was für ein herrliches Hobby das Segeln ist, bringt es einem doch dazu, immer wieder neue Fertigkeiten zu erwerben und Dinge zu lernen. Wochen vor dem Törn begann Markus, das Filetieren von rohem Fischen zu üben. Die ersten Filets waren noch ziemlich zerrupft, aber ein Anfang war gemacht. Dann gab uns Markus' Bruder, der selbst ein passionierter Fischer ist, einen Crash-Kurs, eine Angelrute, verschiedene Haken, Wobbler und was man sonst noch alles braucht und zeigte uns die grundlegendsten Handgriffe. Diese sollten sich während des Törns als sehr hilfreich erweisen: an Bord gab es täglich fangfrischen Fisch.
Wir fliegen zu acht von Wien nach Tromsø, wo auch gut 87,5% unseres Gepäcks ankommen, der Rest wird 2 Tage später nachgeliefert. Die Eckdaten des Törns sind rasch erzählt: Skipper: Titzl Rieser „and his galant crew of seven“ (Hubert, Karolina, Markus, Maxi, Michael, Michaela und Philipp); unser Schiff: Arctic Light, Delphia 47, Baujahr 2009, mit brandneuem Rigg; Ausgangsort: Eidkjosen, etwas WNW von Tromsø. Route: ca. 210 Seemeilen von Eidkjosen nach Husoy, Andenes, Harstad, Engenes, Finnsnes, Tromsö und zurück nach Eidkjosen. Wetter: kalt aber schön, nur einmal kräftigerer Regen; Wind: 0 bis 6 Bft. Verpflegung: „Elch and Eggs“ zum Frühstück, sonst: frischer Fisch mit wechselnden Beilagen. Stimmung: bestens.
Die Route bietet alles, was das Herz begehrt: schöne lange Schläge, zwei davon auch am freien Nord-Atlantik (Husoy nach Andenes und dann weiter nach Harstad), schneebedeckte Berge am Wasser, Tidenströme, die uns mit bis zu 4 Knoten anschieben, Eddies (= gurgelnde Strudel im Tidenstrom), wunderbar einsame kleine Orte wie Andenes, Ablegen unter Segel während uns die Blasmusik von Harstad zum Abschied spielt, frischesten Fisch (falls das noch nicht erwähnt wurde), das „Vinmonopolet Manöver“ (= längsseits Gehen beim Weinhändler), das Polarmuseum in Tromsø, ölig still-spiegelndes Atlantikwasser gefolgt von Seegang mit bis zu 4 Meter Welle. Schließlich – und jetzt bitte einen lauten Trommelwirbel – Philipps Badestopp! Wassertemperatur 9 Grad.
Natürlich hatte jedes Crewmitglied sein oder ihr eigenes Highlight. Für den einen war es der erste Fisch, der bereits nach 10 Minuten an der Angel hing (ein prächtiger Dorsch, gefolgt von einem Seelachs), für den anderen war es der Tag, an dem wir zuerst Delphine und dann einen Grindwal sahen und für die dritte waren es die beiden Überfahrten übers offene Meer, die erste magisch still, die zweite wild und wunderbar. Dann das tägliche „Silvesterfeiern“ bei Mitternachtssonne unter der Kuchenbude im Cockpit – manchmal sogar mit frisch gebackenem Brot, importiertem Speck und regionaler Rentierwurst. Und dann war da noch Karolinas erster Dorsch, den sie schließlich mit der gebotenen Achtung „Dorsch-ten“ nannte. In einem waren wir uns aber alle einig: das wahre Highlight des Törns war das Gesamterlebnis.
Am Weg zurück nach Österreich fragten wir dann unseren Skipper und Commodore Titzl, was denn sein persönliches Highlight war. Er dachte nicht lange nach und sagte mit strahlenden Augen: „Das Fischen.“ Bleibt uns also nur noch eines zu sagen: Segeln Spezial am halben Weg zum Pol war ein grandioses Erlebnis. Gerne jederzeit wieder!
Text Markus und Maxi Reiterer | Fotos Crew Norwegen 2025