Segeln mit Föhn – Segeln Spezial in den Schären(irr)gärten von Stockholm

Gleich zu Beginn die Empfehlung: Schärensegeln (also eigentlich: Zwischen-den-Schären-Segeln) niemals ohne Föhn ....

Und diese Empfehlung kommt von mir, der noch nie einen Föhn in seinem Seesack hatte, weil sein Haaransatz viel zu weit im Norden steht.

Anreise und Anflug funktionieren durchaus angenehm; überraschenderweise kommt unser gesamtes Gepäck zeitgleich mit uns in Stockholm an und wird von uns zufrieden entgegengenommen. Sogar meine Rettungsweste hat es – im Handgepäck – nach Schweden geschafft. Einem schnellen Check-In beim Vercharterer steht also nichts mehr im Wege – dachten wir. Während der Rest der Crew schon den Einkauf erledigt, warten wir gut eineinhalb Stunden bis uns ein Schiff mit dem verlockenden Namen „5“ zugewiesen wird. Wir begeben uns hoffnungsvoll zum Steg in der Marina Saltsjö Pir, wo vor unserem Schiff tatsächlich schon eine ganze Crew samt Gepäck versammelt ist. Nach etwas hin und her stellt sich heraus: Unser Schiff ist nicht die „5“ , sondern die „3“. Na gut, soll uns auch recht sein.

Und jetzt zum Föhn: In einer der Achterkabinen dürfte im Zuge der Endreinigung nach dem vorhergehenden Törn eine Tiefenreinigung der Matratze vorgenommen worden sein. Das war zwar möglicherweise notwendig, aber ziemlich wahrscheinlich unbeabsichtigt. Denn die kleine Luke ins Cockpit stand noch offen, als wir das Schiff übernahmen. Der Cockpitboden war definitiv gewaschen worden. Ein klassisches Hoppala, das aber den kleinen Nachteil hatte, dass die Kabine so nicht benützbar war. Aber Segeln verlangt immer wieder, sich an Situationen anzupassen und trotzdem Lösungen zu finden. Und so kam es dann auch: Matratzen raus, Handtücher her und einmal intensiv trocken reiben; den Rest erledigt dann - der Föhn. Für die erste Nacht wurden die Matratzen großflächig mit Müllsäcken abgedeckt, darauf trockene Handtücher gelegt und schließlich Leintücher darüber gebreitet. Danke an dieser Stelle an Ilse und Peter für ihre Coolness und die Nacht auf Müllsäcken.

Schließlich machten sich 2 Schiffe unter dem YCA-Clubstander namens „3“ und „4“ (oder wie sich später herausstellte Luise und Mutland) auf den Weg durch die Schärengärten östlich von Stockholm. „Schären“ - das ist die Bezeichnung für kleinere, durch Gletscher über Jahrtausende glatt geschliffene Urgesteinsfelsen. So ähnlich, wie die Blockheide im Waldviertel, aber mit Wasser. Die Schärenlandschaft ist jedenfalls berauschend schön. Einzig die Bezeichnung Garten ist irreführend, denn was gemütlich als Garten daherkommt ist eigentlich ein Irrgarten. Tausende kleine Insel, enge Durchfahrten, Untiefen, versteckte Buchten und Felsen, die oft knapp an die Wasseroberfläche reichen – gute Navigation ist durchaus von Vorteil.

Vor dem Törn hat uns Wolfgang gesagt, dass er bereits sieben Mal in Schweden gesegelt sei und noch nie sein Ölzeug gebraucht habe. Die Wettervorhersage für die Woche stellte uns leider etwas mehr Regen in Aussicht, als uns lieb war. Als Peter und ich einmal zwei Stunden im Ölzeug unsere Mutland im kräftigen Regen durch die Schären steuerten und uns Wolfgang vom gemütlichen Salon aus fragte, ob es uns gut ginge, verstanden wir auch, wie man es schafft, in Schweden kein Ölzeug zu brauchen. Aber: Wolfgang als Skipper an Bord zu haben, ist natürlich topp! Von Anfang an ist unser Segeln Spezial Schweden ein Trainingstörn, bei dem wir die Manöver selber fahren, viel üben, jede erdenkliche App-Unterstützung durchforsten und einfach sehr viel lernen. Das gilt besonders für das Anlegen an den Schären: Gegen jeden Instinkt muss ganz knapp an ein festes Hindernis herangefahren werden und das bis auf 20 cm. Dann steigt eine oder einer vom Bug aus über und befestigt die Festmacher an Land. Die Festmacherleine wird gefiert und der zuvor gesetzte Heckanker eingefahren. Leinen dicht geholt und fertig ist das Manöver.

Es kann aber durchaus schon einmal eine Stunde dauern, bis alles so sitzt, wie es sein soll. Und natürlich kann beim An- und Ablegen auch einmal etwas schief gehen: Als wir zum ersten Mal von der Schäre ablegen, heben wir nicht nur unseren eigenen Anker, sondern auch den unseres Schwesternschiffs. Aber alles nicht so tragisch: den zweiten Anker mit herauf ziehen, klarieren und wieder fallen lassen. Jimmy und seine Crew bereiteten sich ohnehin auch schon aufs Ablegen vor. Das nächste Mal liegen die Anker dann neben- und nicht übereinander.

Im Laufe der Woche navigieren wir uns durch die Schären, trimmen unsere Segel, genießen das selbstgekochte Essen an Bord und die gelegentlichen Restaurantbesuche. Ilse steuert uns durch die enge Durchfahrt von Büllerön, die wir sogar mehrmals fahren, weil sie einfach schön ist. In der fast rundum abgeschlossenen Bucht von Säck, wo sich in der Hochsaison auch gerne einmal 30 Boote tummeln können, liegen wir mit unserem Schwesternschiff allein an einer Schäre und genießen eine ruhige Nacht. Im königlichen Yachthafen von Sandhamn laufen wir ein, während draußen die J/70 Europameisterschaft läuft. Wir nutzen die Zeit auf der Insel zum Kaffeehausbesuch, samt der herrlichen schwedischen Zimtschnecken (a.k.a. Kanelbullar), zur Wanderung um die Insel, für ein Bad im Gewässer oder einfach nur dafür, am Felsen über Sandham zu hocken und plaudernd über die Schären zu schauen, während sich die Sonne langsam ihrem Untergang zu bewegte. Besser geht es kaum.

Am Donnerstag legen wir schließlich in Wasahamnen ganz nahe an der Stockholmer Innenstadt an.  Dort besuchen wir ein Denkmal besonderer königlicher Arroganz: die Vasa. Am 10. August 1628 sank dieses mächtige Kriegsschiff während ihrer Jungfernfahrt nach nicht einmal drei Viertel einer Seemeile noch im Hafenbecken von Stockholm. Dort lag sie über 300 Jahre bis sie gehoben und restauriert wurde. Sie kann heute in einem spektakulären Museum besucht werden. Die Vasa ist mächtig mit zwei Kanonendecks, voller überbordender Symbolik, elegant, gediegen und beeindruckend, ganz so wie es der König wollte. Aber sie war halt nicht seetüchtig. Andererseits: wäre die Vasa damals nicht im Stockholmer Hafen gesunken, wäre sie wahrscheinlich im dreißigjährigen Krieg aufgerieben und zerstört worden und wir könnten sie heute nicht besuchen.

Nach kurzer Schärenfahrt schließt sich dann der Kreis und wir kehren nach einer wundervollen Törnwoche nach Saltsjöbaden zurück. Schön war's im Waldviertel des Nordens ;-)

Markus Reiterer

unser nächstes “Segel mit Föhn”, äh “Segeln Spezial Schweden”

06.06. - 13.06.2026 Schweden - Stockholmer Schärengürtel

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